Sonntag, 27. April 2014

Der Rat einer Nonne



Das Foto ist von http://www.bigfoto.com/

Ich hatte mir gerade eine Tasse Kaffee in der Bahnhofskneipe geholt und blickte mich draußen suchend um. Aber die Tischen waren alle besetzt. Kein Wunder, an einem so schönen Sommertag wie heute! dachte ich. Doch plötzlich sah ich einen Tisch, an dem nur eine einzelne Person saß. Eine Frau in Nonnentracht! 

Ich bewegte mich in Richtung des Tisches und fragte dann: „Entschuldigung, ist der Platz noch frei?“ Eine Frau mittleren Alters schaute mich freundlich an und sagte: „Aber ja! Bitte, setzen Sie sich!“ Und so setzte ich mich ihr gegenüber und begann darüber nachzudenken, dass dies doch jetzt wohl kein Zufall sein konnte. Aber was war der Auftrag? Was sollte ich ihr sagen?                                

Nun muss ich dazu sagen, dass ich damals in der Bremer Zeit gewohnt war, dass mir Menschen, teilweise auf recht ungewöhnliche Weise,  in den Weg gestellt oder zugeführt wurden, denen ich dann meist vom Glauben erzählt hatte. Aber der Nonne, was sollte ich ihr denn erzählen? Sie war doch schon gläubig. Oder etwa nicht? Ich sprach sie an: „Sind Sie auf der Durchreise?“                                                                                             

Wir kamen ins Gespräch und tatsächlich, wie ihr Koffer schon hatte vermuten lassen, machte sie nur einen Zwischenstopp in Bremen . Ich erzählte ihr ein wenig von meiner Bekehrung, meinem Bibelschulaufenthalt und meinen missionarischen Aktivitäten. Sie hatte freundlich blickend zugehört, stand aber nun auf: „Es tut mir leid, ich hätte Ihnen noch gerne weiter zugehört. Aber ich muss zum Zug!“                                                      

Sie hatte den Rollkoffer schon an der Hand als sie sagte: „Darf ich Ihnen noch einen Rat geben?“ Ich schaute sie erstaunt an. „Ja, natürlich!“ Sie schaute mich ernst an: „Bleiben Sie so gehorsam Jesus gegenüber. Folgen Sie dem Weg, den er Sie führt. Nur in Ihm und seinem Willen sind Sie wirklich gesichert!“

Als ich wenig später alleine am Tisch saß und über ihren seltsamen Rat nachdachte, begann ich langsam zu begreifen. Nicht ich hatte einen Auftrag gehabt, sondern die Nonne. Diese Begegnung war gefügt worden, weil mir eine Botschaft zustellt werden sollte. Und ich muss sagen, dass es mir in den späteren Jahren noch manches Mal Trost und/oder Ermahnung gewesen ist.

Sonntag, 20. April 2014

Ein Lob des mittelalterlichen Menschen





Ein im Mittelalter in Europa lebender Mensch war im Allgemeinen ein gläubiger Mensch im christlichen Sinne. Er/Sie glaubte an die Existenz von Gott und Teufel und ihrem Wirken im Diesseits, aber auch an ein Leben nach dem Tode. Wobei als mögliche zukünftige Aufenthaltstorte der Himmel, die Hölle und, vorübergehend (was sind schon ein paar tausend Jahre angesichts der Ewigkeit?), das Fegefeuer in Frage kamen.

Die Ausmaße, wie sich dieses christlich-mittelalterliche Denken auf die damaligen Menschen ausgewirkt hat, mag dem  modernen, gebildeten und aufgeklärten Menschen von heute schier unfassbar erscheinen. Wähnt er sich doch über solch „lächerliche“ Vorstellungen von Gott und Teufel hoch erhaben. Er hält sich für einen „Realisten“, der sich kein X für ein U vormachen lässt. 


Ist er bereit für die „Dummheit“ des mittelalterlichen Menschen noch eine gewisses Verständnis aufbringen und Nachsicht walten zu lassen, so hat er für Zeitgenossen mit einer ähnlichen Gesinnung nur Verachtung übrig.

Aber vielleicht war der mittelalterliche Mensch mit seinen zugegebenermaßen manchmal ins Bizarre und Übertriebene abdriftenden Ansichten und Vorstellungen der Wahrheit viel näher als der ach so ab- und aufgeklärte Mensch von heute. Vielleicht ist der ja genau der sanften Verführung dessen erlegen, an dessen Existenz er nun unter keinen Umständen glauben mag. „OK, Gott als höhere Wirkungsmacht lasse ich ja vielleicht noch gelten. Aber den Teufel, dass ist doch absolute Spinnerei!“

Vermutlich hätte ich genauso gedacht, hätten mich meine persönlichen Erlebnisse eines besseren belehrt. Meiner Überzeugung nach gibt jene beiden jenseitigen Wirkungsmächte und es ist realistischerweise von einem Leben nach dem physischen Tode auszugehen. 


 Persönlich schon im "Hoch- oder Spätmittelalter" des Lebens angekommen, scheue ich mich nicht, mich auch innerlich mehr "mittelalterlich" zu verorten, bis auf die Sache mit dem "Fegefeuer". An die glaube ich nun wirklich nicht!

Montag, 7. April 2014

Der Schatten der Endlichkeit (Eine wahre Geschichte)



Ich kam zu spät zur Geburtstagsparty. Das rauschende Fest war schon im Gange. „Hallo, Heinrich“, rief jemand, die laute Musik übertönend. Ich blickte mich um und sah Peter mit einem Pärchen an einem Tisch sitzen. „Komm“ , sagte er, „setz dich zu uns!“ „Ja, gleich!“, entgegnete ich und suchte erst mal das „Geburtagskind“. 
   Nachdem ich Raimund gefunden hatte,  Gratulation und Geschenkübergabe geschehen waren, setzte ich mich zu Peter an den Tisch. „Warum kommst du so spät ?“ fragte er. Und ohne eine Antwort abzuwarten fuhr er fort: „Das Beste hast du schon verpasst. Raimund hat eine Rede gehalten. Über die Endlichkeit des Lebens!“ 
   Etwas irritiert fragte ich nach: „Tatsächlich?“ Es sah ihm eigentlich gar nicht ähnlich über solche Themen zu sprechen, und schon gar nicht öffentlich.
    Peter fuhr fort: „Ja, erst hat er ein trauriges Lied von Leonard Cohen spielen lassen und dann gesagt, er wolle an diesem für ihn  so schönen Tag mal einen kurzen Einblick in seine Seele gewähren. Er sei heute sehr glücklich und könne erkennen, dass das Leben es in den zurückliegenden sechzig Jahren recht gut mit ihm gemeint habe. Aber", und jetzt machte er eine kleine Pause, "und jetzt kommt es, er könne trotzdem nicht wirklich glücklich sein. Denn über diesem Tag und seinem Leben läge auch der SCHATTEN der ENDLICHKEIT. Und er sei nun mal kein religiöser oder gläubiger Mensch!“
  Ich staunte nicht schlecht. Solche Worte aus dem Munde von Raimund hätte ich nun wirklich nicht erwartet, da er ansonsten eher zur lebenslustigen Fraktion gehörte.


Als ich um drei Uhr morgens die Party verlassen wollte, ging ich noch einmal rüber zu Raimund. „Schade“, sagte er, „dass du so spät gekommen bist. Da hast du meine Rede verpasst. Hätte dir als gläubiger Christ bestimmt gefallen!“ „ Ja, schade“, entgegnete ich. „Aber der Peter hat mir Einiges darüber erzählt. Der Schatten der Endlichkeit, der dir das Glück des Moments etwas verhagelt.“ Er lachte: „Ja, so könnte man es ausdrücken! Leider habe ich deinen Glauben nicht. So muss ich halt mit der Überzeugung klarkommen, dass einmal nichts mehr von mir übrig bleiben wird.“
    Nachdenklich machte ich mich auf den Heimweg. Ich erinnerte mich an meine jüngeren Jahre, wie mich der Schatten der Endlichkeit ebenfalls beunruhigt und mir meinen heimlichen Wunsch nach Unendlichkeit bewusst gemacht hatte.

Aristoteles, Voltaire und die Evolutionstheorie


Zu meiner Schulzeit sprach man noch von der Evolutionstheorie. Heute spricht man allgemein von der Evolution, als sei sie eine bewiesene Tatsache. Aus eigener Erfahrung weiß ich, welch einem Spott, ungläubigem Erstaunen oder wütenden Entrüstung man sich aussetzt, wenn man gelegentlich mal andeutet, dass man bei besagter "Theorie" keineswegs von einer bewiesenen Tatsache ausginge.

An bestimmten Tagen, wenn ich vielleicht nicht ganz so ausgeglichen bin wie heute, kann ich da auch schon einmal in Fahrt kommen. Für mich ist es nämlich ziemlich(!) absurd anzunehmen, dass sozusagen aus dem Nichts und völlig ungeplant etwas so erkennbar Geplantes wie das Leben auf der Erde entstanden sein soll.

Ich halte es mit Aristoteles und Voltaire (zwei der größten Denker aller Zeiten), die sich diesbezüglich etwa folgendermaßen ausgedrückt haben: "Angesichts der erkennbaren Gesetzmäßigkeiten des Lebens ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es einen Urheber dieser Gesetzmäßigkeiten geben muss."

Sie gingen also beide von einem Schöpfergott("unbewegten Beweger" -Aristoteles) aus. Auch wenn sie nicht unbedingt an den Gott der Bibel glaubten, und Voltaire sogar den christlichen Glauben und die katholische Kirche ein Leben lang bekämpfte.

Ich erinnere mich an einen weißhaarigen, sehr freundlichen Biologieprofessor aus der Schweiz, der einmal im Düsseldorfer Jesus-Haus einen Vortrag zum Thema Schöpfung oder Evolution hielt. Zwischendrin hielt er auf einmal inne. Und dann sagte er plötzlich: "Wenn ich mir die majestätische Bergwelt in meiner Heimat und die herrlichen Wunderwerke der Natur darin anschaue, wenn ich in den nächtlichen Sternenhimmel blicke... (hier wurde er laut) ja, was für ein Eselskopf muss man denn sein, zu glauben, dass dies alles nur rein zufällig entstanden sein könnte!"

Ein solcher Gefühlsausbruch steht mir angesichts mangelnder naturwissenschaftlicher Bildung natürlich nicht zu, aber der in diesem Abschnitt geäußerter Grundgedanke scheint mir völlig logisch. Wie sollen erkennbare Gesetzmäßigkeiten der Natur ohne eine planenden "Gesetzgeber" entstanden sein? Eine wirklich absurde Vorstellung!

Sonntag, 6. April 2014

Voltaires lebenslanger Zwiespalt

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Der berühmte französische Philosoph Voltaire steckte zeitlebens in einem tiefen inneren Zwiespalt. Einerseits erschien es ihm als völlig absurd, nicht von einem wohlmeinenden Schöpfergott auszugehen, andererseits lehnte er den von der katholischen Kirche behaupteten biblischen Gott kategorisch ab. Konsequent kämpfte er in seinen Schriften gegen die Kirche und deren Lehre ein Leben lang.

Manche mag es überraschen, dass Voltaire an einen allmächtigen Gott geglaubt haben soll. Aber Sätze wie: Es gibt etwas , also gibt es etwas Ewiges, denn nichts kommt aus dem nichts….die vielen gleichbleibenden Gesetze lassen auf einen Gesetzgeber schließen“ oder „Jedes Werk, dass Mittel und Zweck erkennen lässt kündet von einem Schöpfer.  Also deutet das Weltall  … auf einen allmächtigen, allwissenden Urheber.“ erlauben daran keinen Zweifel.
   Aber nicht nur, dass er von der Existenz eines Schöpfergottes ausging. Er meinte auch auch, dass dieser Gott verehrungswürdig sei: „Ich bin kein Christ, aber nur deswegen nicht, um ihn, den Gott, um so mehr zu lieben.“

Was also genau war es, was ihn am Christengott störte? Vielleicht mal ein Zitat, um es zu verdeutlichen: „(Der Christen-Gott) erschuf die Welt und ertränkte sie dann, nicht um ein reineres Volk hervorzubringen, sondern um sie mit Räubern und Tyrannen zu bevölkern.“ Das bezieht sich wohl auf den biblischen Sintflutbericht. Den Kreuzestod Jesu und die damit verbundene Erlösungstheologie kommentierte er wie folgt: „Und nachdem er die Väter ertränkt hatte, starb er für ihre Kinder, … und bestrafte Hunderte für Völker für ihre Unwissenheit über den Kreuzestod, in der er sie doch selber gehalten hat.“ Und kommt zu dem Schluss: „Dieser Gott wäre ein Monstrum, dass wir hassen müssten.“
    In den späteren Jahren scheint ihm dann aufgegangen zu sein, dass sein von ihm geglaubter allwissender, allmächtiger Schöpfergott ja auch streng genommen all das Elend der Welt zugelassen haben müsste. Nach einigen fadenscheinigen Ausflüchten und Rettungsversuchen: „Sollten wir Gott wegen eines Fieberanfalls (der Welt) leugnen“ und „Für Gott existiert das Übel nicht, nur für uns existiert es.“ gelangte  er schließlich zu der Erkenntnis: „Ich will nicht untersuchen, ob der große Baumeister der Welten gut ist, es reicht mir, dass es ihn gibt!“

Voltaire hätte gerne an einen guten und gerechten Schöpfergott geglaubt, konnte es aber angesichts all des Bösen in der Welt nicht. Ein Problem, was auch heute noch viele Menschen haben und unter der Bezeichnung  Theodizee bekannt ist.
   Ich persönlich habe kein Problem damit der Logik Voltaires bezüglich der Existenz Gottes zu folgen. Und auch angesichts all des Bösen in der Welt zweifele ich nicht an der Güte und Gerechtigkeit Gottes aufgrund persönlicher Erfahrungen und Erlebnissen.
Als über Hiob alles nur erdenkliche Leid hereingebrochen war, begann er sich zuletzt doch über Gott zu beklagen frei nach dem Motto: „Wie kannst du jemanden Gerechten wie mich so hart bestrafen? Das ist zutiefst ungerecht.
    „Da antwortete der HERR dem Hiob aus dem Gewittersturm und sprach: Wer verfinstert da Gottes Rat mit seinen unverständigen Reden? Gürte doch deine Lenden wie ein Mann! Ich will dich fragen, lehre mich! Wo warst du, als ich den Grund der Erde legte? Sage an, wenn du es weißt!  Wer hat ihre Maße bestimmt? Weißt du das? Oder wer hat die Messschnur über sie ausgespannt?“ Was wohl heißen sollte: Was redest du über Dinge, von denen du keine Ahnung hast. Die du auch nicht verstehen kannst.

In der Tat, einem Schöpfergott angesichts des Bösen in der Welt seine Güte absprechen zu wollen, hat etwas Anmaßendes. Es würde voraussetzen, ein umfassendes Wissen über alle Vorgänge, Hintergründe und Zusammenhänge zu besitzen. Eine Voraussetzung, die nun mal nicht gegeben ist. Und niemals gegeben sein wird!

Das Nietzsche-Argument




Ein Christ wähnt sich natürlich in dem Glauben, dass ihn ein allmächtiger gütiger Gott schützt und leitet. Und, wie ich das aus persönlicher Erfahrung sagen möchte, hat er auch gute Gründe für diese Überzeugung.

Gleichwohl sollte man auch als Christ die Kritiker des Glaubens nicht einfach so als Unwissende oder Ahnungslose abtun. Sie führen Argumente ins Feld, die auf den ersten Blick durchaus plausibel erscheinen.

   So lässt der berühmte Philosoph Friedrich Nietzsche (1844-1900) seinen "Zarathustra" sagen (sinngemäß zitiert): "Weil sie den Gedanken an ihre eigene Endlichkeit nicht aushalten können, deshalb haben die Menschen sich einen Gott und ein Jenseits erschaffen!" Ein harter Vorwurf! Aber wer wollte abstreiten, dass Angst tatsächlich eine Triebfeder für allerlei Illusionen, Ausflüchte und Wunschträume sein kann.

Aber ist es so, wie Nietzsche behauptet? Ist es tatsächlich die Angst vor der ewigen Nicht-existenz, welche die Menschen scharenweise in den Glaubenswahn treibt? Ich möchte behaupten, dass dies keine zwingende Logik ist.
   Natürlich kann der Gedanke an die eigene Endlichkeit schon ziemlich schockierend und furchteinflössend sein. Ich erinnere mich, dass ich als Student und Nichtgläubiger einmal mit dem Fahrrad auf einer recht verkehrsreichen Strasse fuhr. Plötzlich kam mir der Gedanke: "Ein Fehler, und alles kann vorbei sein! Dann existierst du nicht mehr!"
  

    Das hat mir damals einen solchen Schrecken eingejagt, dass ich auf den Seitenstreifen fuhr. Ich bin aber nicht unbedingt auf die Idee gekommen, nun gläubig werden zu müssen. Sondern nur vorsichtiger mit dem einen, mir zur Verfügung stehenden, Leben umzugehen.
     Und ich denke, dass dies der Punkt ist. Die Entdeckung der eigenen Endlichkeit kann die Frage nach dem Sinn des Lebens aufwerfen. Aber wird bei den meisten Menschen nicht zwangsläufig zum Gläubigwerden führen. Da bedarf es schon etwas mehr als die Angst vor dem Tode und drohender Nichtexistenz. Bei mir waren es konkrete Erlebnisse: 

Meine Bekehrungsgeschichte (bitte anclicken)

Lustvoll leben trotz Wissens um die eigene Endlichkeit?

Das Foto ist von hier

Der griechische Philosoph Epikur (341 .- 270 v.Chr.) wollte sich da keinen „Illusionen“ hingeben. Für ihn gab es kein Leben nach Tode. So blieb ihm also nur das Leben vor dem Tode. Aber konnte der Mensch dennoch glücklich und sinnvoll leben angesichts des unweigerlich kommenden Endpunktes? Oder blieb da letztlich nicht nur die Resignation und Melancholie?
    Epikur versuchte dem Tode seine Macht zu rauben: „Wenn wir sind, ist der Tod nicht. Und wenn der Tod ist, sind wir nicht mehr.“ Soll heißen: Du brauchst dich eigentlich nicht mit dem Tode zu beschäftigen. Beschäftige dich lieber mit dem Leben.” Was Epikur dann folgendermaßen ausdrückte: „Die Erkenntnis, dass der Tod ein Nichts ist, macht uns das vergängliche Leben erst köstlich.“
  
Wie so ein „köstliches Leben“ denn aussehen sollte, hat er dann auch gleich mitgeliefert: „Die Lust ist Ursprung und Ziel eines glücklichen Lebens.“ Wobei dies aber nicht als ungehemmte Ausleben der eigenen Triebe missverstanden werden sollte. Lust bezog sich für Epikur auf alle Lebensbereiche und war an die Vernunft gebunden. Und die riet zu einem maßvollem Leben.
     Er selber empfahl und vollzog den Rückzug in den eigenen Garten, um hier mit Freunden ausgiebige philosophische Gespräche zu führen. Ob Epikur allerdings ein glücklicher Mensch gewesen ist, ist nicht überliefert.

Der epikursche „Glücksformel“ hat einen gewissen Reiz, dem auch ich mich nicht ganz versagen oder entziehen möchte. Ein Leben im Verborgenen zu führen, ein wenig Spaß im Leben und gute Gespräche mit Freunden, – das gefällt mir auch. Allerdings glaube ich nicht, dass man so dem Tod seine Macht rauben kann. Der „Schatten der Endlichkeit“ (hier: click 1)  ist immer zugegen, so sehr man ihn auch abschütteln möchte. In diesem Sinne bin ich dann auch froh, Trost und Hoffnung im Glauben (hier: click 2) gefunden zu haben.

Ergänzender Text: Epikur und das Glück

Jenseits von Eden oder die Sehnsucht nach dauerhaftem Glück




Das Alte Testament (Bibel) beginnt mit der Erschaffung der Welt und des Menschen. Wir erfahren, dass Adam und Eva vollkommen glücklich an einem Ort lebten, den die Bibel “Paradies” oder “Garten Eden” nennt. Dann aber führte ein schwer wiegendes schuldhaftes Versagen zur Vertreibung aus jenem Garten Eden und zu einem mühseligen, sterblichen Leben jenseits von Eden
   Und es führte kein Weg zurück: „Da wies ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden, dass er die Erde bebaute, von der er genommen war. Und er trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens.“ (1. Mose 3, 23+24)

Nun mag dem modernen, aufgeklärten Menschen von heute die Schöpfungsgeschichte als ein nettes „Märchen“ erscheinen, das im Widerspruch zu naturwissenschaftlich-evolutionären „Erkenntnissen“ steht. Gut, lassen wir mal das Thema Schöpfungsglaube versus Evolutionstheorie außen vor, aber eines ist wohl unleugbar: Im Menschen wohnt jene unstillbare Sehnsucht nach einem dauerhaftem Glückszustand an einem paradiesischem Ort. 
    Und gleichzeitig spüren wir und machen die tägliche Erfahrung, dass ein “dauerhafter Glückszustand” ein unerreichbares Ideal ist. Wir definitiv jenseits von Eden leben und den Weg zurück nicht kennen oder finden.

Unser Leben im “Jammertal” hat uns bescheiden gemacht oder uns resignieren lassen. Man muss sich halt mit dem zufrieden geben, was man so vorfindet und versuchen, das Beste daraus zu machen. Und wenn dann das Ende kommt, dann war es das halt! Ein Pragmatismus, der sich nicht irgendwelchen schmerzlich-süßen Sehnsüchten oder Illusionen hingeben will, die sowieso nichts bringen.
    Als Jesus zwischen zwei Schwerverbrechern am Kreuz hängt und sich einer der beiden an ihn wendet: »Denk an mich, Jesus, wenn du deine Herrschaft antrittst!« und der antwortete ihm: »Ich versichere dir, du wirst noch heute mit mir im Paradies sein.« (Lukas 23, 42+43)
    Liegt hier vielleicht die Antwort auf unsere tiefe Glückssehnsucht? Gibt es doch einen Weg zurück ins Paradies? Gibt es ihn also doch, jenen Ort des dauerhaften Glücks, den wir hier so schmerzlich vermissen? Die Bibel macht Mut, dies zu glauben.